15.4.08 - Angst
Gerhard Kargl’s Angst ist einer der unbequemsten Filme überhaupt, lässt er den Zuschauer und den Protagonisten, einen Serienmörder, genau diese bis zur allerletzten Sekunde des Films durchleben. Um dieses Ziel zu erreichen bedient sich Kargl so mancher Stilmittel und inszenatorischer Tricks: zum einen hält er den Zuschauer auf der Erzählebene als Geisel, indem er die Gedanken des Serienmörders über eine begleitende Erzählstimme offen kommuniziert und somit tief in dessen gestörte Psyche eindringt, zum anderen macht er uns zum Augenzeugen indem er auch auf der bildlichen Ebene keine Auswege erlaubt - dies gelingt ihm mit einer spektakulären, schwindelerregenden Kameraführung die den Serienmörder, selbst in hektischen und unübersichtlichen Situationen, stets ins Zentrum des Bildes rückt. Die Kamera umkreist ihn, schwebt über ihm, begleitet ihn auf Schritt und Tritt, und evoziert dadurch eine äusserst subjektive, persönliche Sicht des Täters auf seine Umwelt. Point-of-View Perspektiven, extreme Close-Ups und eine sich ständig in hektischer Bewegung befindliche Kamera verstärken diesen Effekt - die innere Unruhe des Protagonisten überträgt sich in Bild und Ton direkt auf den Zuschauer. Der Film ist darüber hinaus sehr karg und minimalistisch ausgestattet und völlig ungeschönt inszeniert - dieser Hang zum dokumentarischen Realismus unterstreicht seine verstörende Wirkung, nebst dem monoton wummernden typischen 80er Jahre Synthie-Soundtrack, der eine depressive, fast schon nihilistische Stimmung transportiert. Nicht selten erinnert Angst an die Filme von Gaspar Noe, der ihn sich sogar szenenweise (die Vergewaltigung in der Unterführung in Irreversible ist dem Mord im unterirdischen Keller in Angst sehr ähnlich, während die Gedankengänge des Protagonisten in Noes Menschenfeind wiederzufinden sind) zum Vorbild genommen hat - seine Filme haben jedenfalls eine ganz ähnliche Wirkung: sie treffen den Zuschauer dort wo es am meisten schmerzt.