Filme 2007

185 Filme sind es geworden, das sind über 60 mehr als letztes Jahr, und wenn man es denn so rechnen will, jeder 2. Tag des Jahres ein Film. Ein erfolgreiches Filmjahr, könnte man meinen, doch ist natürlich auch ein Rückblick auf die Filme selbst vonnöten, die ich jetzt aber nicht alle einzeln vorstellen werde, sondern nur jene herauspicke die mir besonders erwähenswert erscheinen.

Wenn ich mich kurz fassen müsste würde ich ich resümieren dass es für mich das Jahr der Franzosen und das Jahr von Werner Herzog war. Doch fangen wir ganz von vorne an: das erste Higlight des Jahres war Alain Resnais’ Last Year in Marienbad, der, obwohl zeitlich nun schon am weitesten weg, immer noch mit die stärksten Eindrücke in meinem Gedächtnis hinterlassen hat, wäre ich nicht kurz darauf auf Playtime von Jaques Tati gestossen, den ich, und jetzt kann ichs ja endlich auch endgültig und offiziell verkünden, hiermit zu meinem Film des Jahres küre. Kein Film hat mich danach ähnlich berührt, aufgesaugt und so fasziniert. Doch das war noch längst nicht alles. Mit der Entscheidung, auch mal jene Werke von Werner Herzog zu ergründen in denen Klaus Kinski nicht involviert war, taten sich viele Schmuckstücke wie z.B. Stroszek und Lektionen der Finsternis, bis hin zu seinem allerneusten, auch sehr sehenswerten, Rescue Dawn, auf. Eine Enttäuschung dagegen waren meine ersten Gehversuche mit Jules Dassin, dessen frühre, semidokumentarische Film Noirs ich zu nüchtern, und formal nicht ansprechend genug emfpand. Ein kleiner Ausflug nach Japan bescherte mir erste Berührungen mit Ozu, dessen Toyko Story immer noch nachhallt, und auch meine ersten, geglückten Abstecher in die heiteren Gefilde der Pinky Violence Filme. Doch auch das neue Kino aus Hong Kong wusste zu gefallen - so z.B. u.a. mit der hervorragenden Election Reihe von Johnny To. Mit Cincinatti Kid, der selbst Rounders ausstechen konnte, und Curtis Hansons präziser World Series Huldigung Lucky You sowieso, habe ich dann auch meinen Pokerfilm schlechthin gefunden. Wages of Fear beeindruckte mich ähnlich, wenn nicht sogar mehr noch als Friedkins Remake, und mit Vanishing Point, Two-Lane Blacktop und Zabriski Point konnte ich dann auch drei grosse Lücken bei den amerikanischen Roadmovies und dem New Hollywood Cinema schliessen. Stete Abstecher nach Italien brachten mir Mario Bava und Lucio Fulci immer näher, sowie einzelne Highlights wie z.B. der bitterböse Malastrana oder der völlig durchgeknallte The Big Racket. Und wo wir schon bei den Genres sind - den Italowestern habe ich dieses Jahr zwar etwas vernachlässigt, doch habe ich weitere, klaffende Lücken in Sam Peckinpahs Filmographie erschlossen, mit seinem melancholischen Spätwestern The Ballad of Cabal Hogue, seinem etwas zerfahrenen Pat Garrett und Billy the Kid, und seinem allerletzten, aber beileibe nicht allerschlechtesten Film, The Ostermann Weekend. Zwei weitere amerikanische Regisseure die leider auch nicht mehr unter uns weilen, John Frankenheimer und Robert Altman, konnten bei mir ebenso auftrumpfen: Frankenheimer mit dem präzisen, alptraumhaften Seconds, und Altman mit der höchst vergnüglichen Marlow’schen Detektivgeschichte The Long Goodbye. Wo mich Jules Dassin enttäuschte, überraschte und überzeugte mich Sam Fuller dafür umso mehr - mit Pickup on South Street und The House of Bamboo sah ich zwei seiner Filme, die sich bei den Noirs weit oben eingereiht haben. Nur der beklemmene Zugthriller Narrow Margin von Richard Fleischer war dieses Jahr besser. Nachdem ich Jean Rollin nach Pestizide schon (etwas zu verfrüht) abgeschrieben hatte, wurde ich dann mit seinem Fascination, und erst recht mit seinem wunderschönen La Rose de Fer, eines besseren belehrt. Man sollte einfach nie zu früh aufgeben, wobei ich dann schliesslich doch noch an einem Regisseur (und das ausgerechnet an einem Franzosen) gescheitert bin, und zwar an Robert Bresson. Selten habe ich mich eines Zugangs zu dem Werk eines Autoren so verwehrt gefühlt, und selten haben mich Filme so sprachlos zurückgelassen - weder L’Argent noch Pickpocket noch Au hasard Balthazar konnten mich ihm ein Stück näher bringen, oder gar zu geistigen Höhenflügen anregen. Für mich bedeutet dass zwar vorerst die Aufgabe, doch muss etwas besonderes daran sein, am Kino von Robert Bresson, dass es mich derart verwirrt, und somit werde ich es sicher im Hinterkopf behalten, um mich eines Tages vielleicht doch noch einmal heranzuwagen. Meine Reise durch die französische Filmwelt führte mich natürlich unausweilich auch wieder einmal zu Godard, dessen Aussenseiterbande ich ganz nett, Une Femme est une Femme zu bemüht, dafür dann aber seinen düsteren (wen verwunderts…) Alphaville umso toller fand. Erste Gehversuche gab es auch mit dem russischen Regisseur Andrej Tarkovsky und dessen depremierender Erstling Ivans Childhood, und dem Spanier Luis Bunuel mit dessen Debüt, Los Olvidados. Apropos Frankreich: Hanekes in Frankreich inszenierter Cache hatte mich auch tief berührt und verstört, so geschehen auch bei Ingmar Bergmans Persona, den ich mir nur wenige Tage vor dessen Tod erstmals ansah. Eine kleine Überraschung auf dem deutschen Sektor war, neben den Filmen von Herzog, lediglich die skuril böse Mediensatire Das Millionenspiel. Aus einer herbstlichen Idee herraus entstand dann auch noch eine vergnügliche Bogart-Retrospektive die immer noch anhält, und die gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlägt: zum einen sah ich dadurch endlich mal einige der klassischen Gangsterfilme der 30er, und werde im weiteren Verlauf der Reihe dann auch noch einige wichtige Lücken beim Film Noir schliessen können. Ein absolutes Highlight aus Japan wiederum war Tampopo, ein kleiner Film über die grosse Welt der Nahrungsaufnahme, so herrlich erfrischend und anders wie kaum ein zweiter Film dieses Jahr. Mit den zwei Misantrophen aus Edmond und Menschfeind ging es dann aber sofort wieder winterlich depremierend weiter, bevor dann ein lauter Glockenschlag ertönte, und The Holy Mountain von Jodorowksy mein Bild über den Regisseur, als einen genialen Ausnahmekünstler, vervollständigte. Faces von Cassevetes hat mich, nach der kleinen Enttäuschung mit seinem nüchternen Erstling Shadows, auch wieder etwas aufhorchen lassen. Den güldenen Abschluss des Jahres bildetete dann schliesslich das kraftvolle neuseeländische Familiendrama Once Were Warriors, und das kühl entlarvende Samuraidrama Harakiri.

Dieses Jahr wählte ich die Reihenfolge ganz bewusst verkehrt herum, da ich ja sonst normalerweise mit einem Kinorückblick starte. Doch das bisher magere Kinojahr 2007 stand bei mir eben ganz im Schatten der vielen, oben bereits ausführlich erwähnten Neuentdeckungen alter Filmperlen und Regisseuere, und so will ich hier auch so kurz es denn geht die Kinofilme des Jahres resümieren, auch da dieser Rückblick höhst unvollständig ist, da viele potentiell starke Filme bei uns ja leider immer erst Anfang des nächsten Jahres starten, und einen Rückblick wie diesen im Nachinhein immer noch völlig umkrempeln können. Das Jahr begann zunächst mit dem martialischen Kriegsepos 300, an dessen klinische Computerbilder ich mich heute schon nicht mehr wirklich erinnern kann. Es folgte eine ganze Welle an dritten Teilen, die mich mal mehr mal weniger stark interessierten - der überladene Spiderman 3, der ebenfalls überladene, aber aufgrund seiner völligen Grössenwahnsinns stellenweise ganz amüsante Pirates 3, und Saw 3, über den man jedoch lieber den Mantel des Schweigens hüllt (denn der Vierte steht uns ja schon so gut wie bevor). Die anderen “3er” wie Shrek 3, Oceans 13, etc. habe ich grösstenteils ignoriert, ebenso einige andere Mega-Blockbuster, wie z.B. Transformers oder Die Hard 4.0. Enttäuscht war ich ausserdem von den etwas schwachen Spielfilmausflügen der Simpsons und Futurama, und Ratatouille war mir auch schon etwas zu disneymässig inszeniert. American Gangster stellte sich als eher müder Scorsese Abklatsch heraus, Sunshine litt an seinem verkorksten Schluss, während Hot Fuzz nicht einmal annähernd den Witz und die Genialität der Zombie-Satire Shaun of the Dead in Bezug auf Actionfilme einfangen konnte. Enttäuschend auch Tarantino, der mit Death Proof mehr sich selbst als das Genre huldigte, während es sein Kollege Rodriguez schon etwas besser gemacht hat, und mit Planet Terror einen launigen und atmosphärischen Zombie-Splatterfilm ablieferte. Ähnlich erfreulich war auch John Dahls neuster, You Kill Me, und, weiter in Richtung Komödie schielend, die Filme von Jude Aptow: Knocked Up und Superbad. Zwei wirklich witzige Filme, die den Tiefgang und die Würde für ihre Figuren aber nicht vergessen liessen. Das Fantasyfilmfest bescherte mir auch dieses Jahr wieder durchwachsenes: während der neuseeländische Out of the Blue mit seiner müssigen Inszenierung an den Nerven zehrte, gefiel mir der tieftragische An American Crime dafür umso mehr, während Mr. Brooks hauptsächlich an den unfähigen Darstellern scheiterte die hier in Rollen gepresst wurden, denen sie nichtmal ansatzweise gerecht wurden. Das französische Filmfest offerierte mir in diesem Jahr lediglich das feinfühlige Adoleszensdrama Wasserlilien. Auf dem Horror-Sektor überzeugte 28 Weeks Later ebensowenig wie sein Vorgänger, die Stephen King Verfilmung 1408 langweilte trotz ihres originellen Szenarios meist, Rob Zombies Halloween scheiterte daran zuviel erzählen zu wollen, und lediglich der angenehm schnörkellose Vacancy funktionierte ganz ordentlich als kompromissloses Terrorkino. Eine kleine Überrachung stelle Death Sentence für mich dar - zwar bietet der Film ähnlich viele Angriffsflächen wie die Familien im Film, doch empfand ich dessen Geradlinigkeit als äusserst erfrischend, und seine mitreissenden Actionszenen gehören wohl mit zu den Besten dieses Jahres. Der bisher schönste Film war mich für jedoch die kleine und eher unscheinbare Indieproduktion Waitress, die mich mit liebenswert skurrilen Figuren, einem stimmigen Handlungskonzept, und einer vielleicht manchmal etwas kitschigen, aber niemals klischeehaften Inszenierung begeisterte. Mit Shoot Em Up endte das Kinojahr schliesslich so wie es angefangen hatte: mit substanzlosem Effektkino fürs Kurzzeitgedächtnis.

Insgesamt also ein gutes Filmjahr, aber ein bis dato noch sehr schwaches Kinojahr. Potentielle Kandidaten, um diese Meinung nachhaltig umzukrempeln, wurden entweder von mir verpasst (so z.B. der neue Ang Lee), oder stehen bereits in den Startlöchern, so z.B. der von mir derzeit wohl am meisten erwartete Film, No Country for Old Men, von den von mir überaus geschätzten Coen Brothers. Neugierig bin ausserdem auch auf Cassandras Dream, Sweeny Todd, The Darjeeling Limited, My Name Is Bruce und noch einige mehr.

Eine Reaktion zu “Filme 2007”

  1. Becks Leopoldsen

    Well done E. Deinen Rückblick zu lesen hat mir grad n paar vergnügliche Minuten eingebracht

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