27.12.07 - Eastern Promises

Cronenbergs jüngster Ausflug in das Gangstermilieu ist erstaunlich blaß geraten - seine Ideen sind zwar reichhaltig, die düsteren Flecken Londons bieten eine durchaus stilvolle Kulisse, und die Tatoos auf den Körpern der russischen Mafiosi die Grundlage für noch düstere Geschichten, doch in ihrer Umsetzung mangelt es geradezu sträflich an Originalität. Die Charaktere bleiben allesamt ziemlich eindimensional, die erzählte Geschichte klischeebeladen und über weite Strecken spannungsarm. Ein später und einsamer Höhepunkt bildet eine blutige Auseinandersetzung in einem Badehaus, doch ansonsten zeigt sich Cronenberg selbst auf einem seiner Spezialgebiete, der Darstellung von Gewalt, erschreckend einfallslos und zurückhaltend: ausser besagter Szene gibt es lediglich noch zwei weitere Momente diese Art (und in beiden wird eine Kehle auf ein und dieselbe Weise aufgeschlitzt). Cronenberg gibt seinen Figuren zwar jede Menge Konfliktpotential mit auf den Weg, es gelingt ihm jedoch kaum dieses Potential auch konsequent auszuschöpfen: so ist die Geschichte um die Mutter, die einst ein Baby verlor und jetzt in die Fänge der Mafia gerät als sie um das Leben eines deren Kinder kämpft ebenso flach ausgewälzt wie der Konflikt zwischen dem russischen Vater und dessen ungestümen Sohn, der ebensowenig charakterliche Untiefen offenbart wie die Andeutung einer homosexuellen Beziehung zwischen zwei Clanmitgliedern. Das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen im kriminiellen Milieu Londons ist schliesslich auch mehr Fassade als wirkliche Auseinandersetzung mit der Thematik. Zuguterletzt versucht sich Cronenberg noch an einem Plottwist, der in seiner Wirkung jedoch ebenso verpufft und an der Glaubwürdkeit seiner Geschichte zehrt wie der finale Akt, der nur wenig aufregende, sondern gänzlich abgedroschene Auflösungen für alle beteiligten Charaktere bereithält. Cronenbergs Eastern Promises spricht zwar vieles an, gibt sich charakterlich und in seinen zurschaugestellten Traditionen vielschichtig und verworren, formuliert aber zu wenig davon aus, und bleibt dadurch auch, im Gegensatz zu den Tatoos seiner Protagonisten, weitgehend oberflächlich und überhaupt sehr distanziert seinem Publikum gegenüber.

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