5.10.07 - Planet Terror

Des Grindhouse zweiter Akt: Tarantino gelang es ja nur sehr mühsam seinem Death Proof möglichst viel Coolness mit auf den Weg zu geben, verhob sich dann aber in überheblichen Ratespielen und drögen Selbstzitaten, und liess uns lediglich an den ermüdenen Dialogen geschwätziger Amazonen teilhaben denen man zwar gerne zugeguckt, aber irgendwann einfach nicht mehr zugehört hat. Dagegen schlägt das Grindhouse-Segement von Rodriguez schon von Grund auf in eine andere Kerbe: dieser nimmt seinen Film nämlich augenscheinlich etwas weniger ernst und verbissen, und spielt daher auch wesentlich lockerer auf.

Rodriguez Grindhouse-Beitrag ist ein temporeicher und kurzweiliger Film aus der Kategorie Zombie-Splatter-Action-Trash der schon von der ersten Sekunde an nicht nur eine Menge Blut, sondern auch eine ganze Menge reuelosen Spass versprüht. Rodriguez lässt seiner Kreativität von Beginn an freien Lauf, und inszeniert ein wahnwitziges Actionspektakel dass teilweise derart überzogen ist, dass ihn selbst die gelgentlichen platten Witze nicht ausbremsen können. Planet Terror strotzt nur so vor Geschmacklosigkeiten, ekelerregenden Szenen und absonderlichen Wendungen, und trifft damit voll auf den Nerv der Filme die er sich zum Vorbild genommen hat. Auch darin unterscheidet er sich wesentlich von Tarantinos Segement - während dieser zwar viel offensichtlicher seine Vorbilder benannt hat, diese aber nur mit viel Müh und Not auch inszenatorisch zu zitieren wusste, so ist z.B. Romeros Zombietriloge in Planet Terror all-over-the-place, und das nicht nur durch die Zweckentfremdung eines Helikopters als Flucht- bzw. Tötungsgerät gegen die Zombiehorden (übrigens weit besser gelöst als in 28 Weeks Later der so eine Szene ebenfalls enthält, mit dem Unterschied dass eine derart alberne Aktion in einem Film, der sich die meiste Zeit ziemlich ernst nimmt, Fehl am Platz wirkt und eher wie ein zähneknirschendes Zugeständnis an die Splatterfraktion anmutet).

Weitaus konsequenter verfährt Rodriguez auch mit dem absichtlich entstellten Filmmaterial. Während Tarantinos Film nach einer Stunde die Farbe verliert und dann plötzlich blitzblank und ohne Kratzer und Verschmutzungen bis zum Ende weiterspielt, so fühlt sich Planet Terror von der ersten bis zur letzten Sekunde tatsächlich an wie eine kaputtgespielte Kopie eines kleinen, dreckig fiesen und garstigen Exploitationfilms. Bei all dem Eskapismus in Rodriguez’ Film bleibt ihm aber trotzdem noch die Zeit seine Figuren, und sei es auch noch so kurz, ansprechend zu charakterisieren und mit reichlich Individualität auszustatten, so sind z.B. selbst die relativ kleinen Rollen wie die des Arztes oder des Kochs aufregender als die komplette Death Proof Riege, die man irgendwann sowieso kaum mehr voneinander unterscheiden konnte. Und bleiben bei Death Proof lediglich der Roadkill und die abschliessende Verfolgungsjagd in Erinnerung, so jagt in Planet Terror ein kleiner Höhepunkt den nächsten - obwohl sich Rodriguez dabei vor allem auf Details und Kleinigkeiten versteift die er im Laufe der Handlung dann aber auch immer wieder aufgreift, gelingt es ihm dennoch recht geschickt die allgemeine Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten und aus den vielen kleineren Geschichten zu Beginn einen einzigen grossen Handlungsstrang zu flechten und ein halbwegs stringentes dramaturgisches Konzept darum herum zu konstruieren. Obwohl die erste Hälfte des Films, in der sich das Grauen erst noch anbahnt, die stärkere, weil spannendere Phase ist, legt Rodriguez ein gutes Gespür für Timing an den Tag, auch etwas das bei Tarantino weniger gut gelungen ist, nimmt er mit dem harten Bruch in der Mitte des Films und mit den ermüdenden Dialogpassagen doch jegliche Dynamik aus seinem Roadmovie.

Mit der Kenntnis von Planet Terror kann man nun auch halbwegs nachvollziehen weshalb das Grindhouse Konzept in den USA nicht nur nicht funktioniert hat, sondern auch gar nicht richtig funktionieren konnte: nach dem rasanten Spektakel in Planet Terror kann man sich wirklich kaum vorstellen danach noch einen stark gedrosselten Film wie Death Proof durchzustehen. Doch nicht nur beim Timing zeigt sich wie locker und unverkrampft Rodriguez’ Film im Vergleich zu Tarantinos aufspielt, auch die Darsteller lassen wesentlich mehr Spielfreude erkennen, wie z.B. der Ex Six Feet Under Star Freddy Rodriguez als kleine mexikanische Kampfmaschine, oder auch Rose McGowan, die hier sowohl das verletzliche Mädchen als auch die harte Killerbraut verkörpern darf. Zuguterletzt beweist Rodriguez auch noch einen ausgezeichneten Musikgeschmack und lässt Nouvelle Vagues Too Drunk to Funk aus einem Radio säuseln, und das macht er wahrlich nicht schlechter als Kollege Tarantino, dessen Paradedisziplin es ja ist, Szenen mit unerwarteten Musikstücken zu garnieren und so zu magischen Momenten hochzustilisieren.

Nach Planet Terror fühlt man sich gut durchgeschüttelt und amüsiert, Gefühle die man in Death Proof zwar auch gesucht, aber leider nur selten empfunden hat. Zu unentschlossen und zwanghaft wirkt Tarantinos Film, lässig und unmissverständlich dagegen das was Rodriguez hier serviert.

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