15.7.07 - Easy Rider
Für den Kultfilm einer gesamten Generation, und dem vielleicht wichtigsten Wegbereiter der New Hollywood Ära, ist Easy Rider ein eher sperriges, in seinen filmischen Mitteln und aufgrund seiner turbulenten Entstehungsgeschichte teilweise sogar ziemlich experimentelles Stück Kino geworden. Abgesehen von der vordergründen Biker- und Hippieromantik verbirgt sich dahinter eine recht kritische Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Traum: der tragische Abgesang zweier einsamer Cowboys auf der Suche nach einem Wilden Westen wie es ihn schon lange nicht mehr gibt. Regisseur Hopper spielt dabei ganz bewusst mit den Westernmotiven, mal offensichtlich, wie mit den Cowboyhüten und den nächtlichen Lagerfeuern, mal etwas subtiler, als sie auf einer Ranch halt machen um einen neuen Reifen aufzuziehen während im Vordergrund gerade ein Pferd neue Hufe verpasst bekommt: die Ideologie scheint immer noch dieselbe, nur das Material hat sich im Laufe der Zeit verändert, und so kann Easy Rider im besten Sinne auch als Western auf zwei bzw. vier Rädern verstanden werden. Selbst die Namen, Wyatt (Earp) und Billy (The Kid) deuten darauf hin dass man in erster Linie zwei Outlaws im Sinn hatte, die jedoch nicht in revolverzückender Manier durchs Land toben wie es Bonny und Clyde nur zwei Jahre zuvor getan hatten, sondern eine friedliche Form der Rebellion und Gegenbewegung zelebrieren die in der Bevölkerung jedoch auf ähnlich wenig Gegenliebe stösst. Dabei sind Wyatt und Billy nichts weiter als zwei harmlose Kiffer die sich zwar durch illegale Drogengeschäfte bereichert haben, sich selbst aber immer treu geblieben sind (Wyatt: “I never wanted to be anyone else”), und auf ihrem Weg in den Süden ihren Traum von Freiheit und Grenzenlosigkeit verwirklichen. Dass sie dabei fast jeder möglichen Konfrontation weiträumig aus dem Wege gehen macht sie jedoch erst recht zu Opfern konservativer Bürger, die in den Individualisten scheinbar eine Gefahr für sich bzw. ihr durch falsche Moralvorstellungen und gesellschaftliche Normen beschränktes Gedankenmodell erkennen mögen (”They’re not scared of you. They’re scared of what you represent to ‘em. What you represent to them is freedom.”). Trotz mangelnder Charakterisierung (man erfährt im Grunde nichts über die Vergangenheit der Beiden) fühlt man sich emotional an sie gebunden, und leidet mit wenn sie grundlos brutal zusammengeschlagen werden oder ihre mangelnde Akzeptanz schliesslich sogar zum Tode führt. Für Hollywood mag Easy Rider die initiale Zündung für einen Neuanfang gewesen sein, doch für die Macher des Films bedeutete es den traurigen Abschied in die Jahre gekommener Ideale, und für die Protagonisten die bittere Erkenntnis dass sich das Land, das sie einst wohl liebten, nachhaltig verändert hat. Zu unrecht meist nur durch den populär gewordenen Soundtrack gerühmt, sind es aber vor allem die narrativen und visuellen Techniken und Stilmittel die den Film so aussergewöhnlich und frisch erscheinen lassen: der eigenwillige Schnitt, die grobkörnigen Originalaufnahmen aus New Orleans, oder auch die psychedelische Friedhofsszene, einer der befremdlichesten Drogentrips die je auf Film gebannt wurden, sind aufregende Schauwerte, die sich wie Fremdkörper zwischen die Aufnahmen von Strassen, Wüsten und malerischen Sandsteinkulissen genistet haben, und die Easy Rider zu einem mutigen und rebellischen Stück Filmgeschichte machen dass sich leidenschaftlich gegen alle Normen, Zwänge und Konventionen auflehnt.
Am 20. Juli 2007 um 13:38 Uhr
Grandios zusammengefasst! Darin drückt sich dann auch ein wenig von dem seltsamen Befremden aus, dass für mich ebenso mit dem Film verknüpft ist, und nicht wenig zur seiner seltenen Faszination beiträgt.
Am 20. Juli 2007 um 16:15 Uhr
danke dir kasi! dein lob weiss ich immer besonders zu schätzen
Am 21. Juli 2007 um 09:03 Uhr
Uiuiui - aber gut, ich hatte ganz übersehen, dass es sich hier tatsächlich um den 800. Eintrag handelt! Das schreit nach :party: und Verbeugung.