20.6.07 - Fudoh


“My idea is to kill before getting killed.”

In Fudoh, einer zunächst für den Videomarkt vorgesehenen, dann aber doch im Kino gezeigten Produktion, erzählt Miike von einem rachesüchtigen Yakuza, der als Kind Zeuge des Mordes an seinem älteren Bruder wurde, den sein Vater kaltblütig durchgeführt hat um eine Fehde mit anderen Clanoberhäuptern zu schlichten. Der Untertitel “The Next Generation” bezeichnet daher nicht nur die heranwachsenden Kriminellen, sondern auch den damit aufklaffenden Konflikt zwischen der jungen und der alten Generation - Motive die auch in seinen späteren Filmen immer wieder auftauchen sollen. Und obwohl sich Miike oft an andere Themen heranwagt, so sind seine Wurzeln dennoch stets auf seine Gangsterfilme zurückzuführen, was ihn wohl zu einem der vielversprechendsten Erben der Regie-Legenden Sejiun Suzuki und Kinji Fukasaku macht. Doch Miike transportiert nicht nur deren Yakuza-Thematiken in die seinige, die nächste Generation, sondern unterwirft sie dort auch ganz eigenen Bedingungen. Aus diesem Grund sind seine Filme auch niemals blosse Kopien, sondern geradezu vollgestopft mit neuen Ansätzen und Ideen. Dies äusserst sich nicht selten in gewaltätigen Orgien für die er auch seinen berüchtigten Ruf erlangt hat, die sich jedoch nie eindeutig als rabenschwarzer Humor oder bitterer Ernst einsortieren lassen, und die seine Filme manchmal hyperrealistisch erschreckend, manchmal comichaft überzeichnet erscheinen lassen. In dieser Dualität liegt wohl auch die Faszination vieler seiner Filme: einerseits stossen sie ab, andererseits berühren sie, da sie sowohl die Neugier und den Voyerismus bedienen, als auch Ekel und Scham bis an die Schmerzgrenzen ausreizen. Letzteres gilt insbesondere auch für Fudoh, der diese Grenzen sogar im Minutentakt übertritt, ohne dabei aber die Rahmenhandlung zu vernachlässigen. Diese Fähigkeit ist vermutlich auch einer der primären Gaben die Miike als Filmemacher besonders auszeichnen: jederzeit over-the-top gehen zu können, aber auch ein gutes Gespür für die Figuren und die Dramaturgie zu haben, so dass die kreativen Ausbrüche nie einem reinen Selbstzwerk verfallen. Und dennoch: die Spirale der Gewalt die Miike in Fudoh lostritt ist von besonderer Intensität. Mit seinem scheinbar unerschöpflichen Arsenal an Tötungsmethoden übertrifft er womöglich vieles bisher dagewesene, inklusive der graphischen Darstellung selbiger, die trotz aller Übertreibungen im Kontext des Filmes logisch und konsequent erscheinen. Dass sich aber auch mal ein Miike erschöpfen kann merkt man als er zum wiederholten Male eine Kinderbande die Morde an den hochrangigen Yakuzas durchführen lässt: beim ersten mal noch überraschend, beim zweiten mal aber schon abgenutzt. Die Gefahr des Gewöhnungseffekts, die Fudoh jedoch bis auf ein paar wenige Szenen gekonnt vermeidet. So ordnet sich Fudoh auf alle Fälle in das obere Drittel seiner noch jungen aber bereits beachtlich grossen und stetig wachsenden Filmographie ein, und liefert einmalmehr den Beweis dafür, dass begrenzte Mittel (direct-to-video Produktion) der künstlerischen Qualität eines Werkes keinesfalls im Wege stehen, sondern ganz im Gegenteil.

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