22.4.07 - Salvador
Salvador legt unerwartet rasant los, als eine sich ziemlich bemüht um Coolness abringende Rebellengeschichte, die mit diversen Farbfiltern und einem modisch getrimmten Soundtrack sichtlich überstilisiert wurde, und in der Daniel Brühl, als Franco-Gegner Salvador, anhand zahlreicher Rückblenden davon erzählt, wie er von der Polizei geschnappt wurde und nun wegen Mordverdacht inhaftiert ist. Eine ganze Weile hetzt der Film von Szenerie zu Szenerie, von der Gegenwart in die Vergangenheit und zurück, mit schnellen Actionsequenzen die immer wieder von kurzen Abschnitten unterbrochen werden, in denen Salvador sich zusehends von seiner Familie abnabelt um als Untergrundkämpfer eine Gruppierung zu formieren, die es sich zum Ziel gemacht hat mit Leib und Seele gegen den diktatorischen Apparat Spaniens anzukämpfen.
Vor lauter Selbstverliebtheit in die überambitionierte Ästhetik und Inszenierung verpasst der Film jede noch so kleine Gelgegenheit auch mal von der Motivation der Regimegegner zu erzählen, und überhaupt auf jedwede politischen Hintergründe einzugehen. Stattdessen beschränkt er sich auf ein oberflächliches und völlig unreflektiertes “Gut” gegen “Böse”, und das obwohl man sich sogar noch damit rühmt auf einer wahren Begebenheit zu basieren, und auch noch allen ernstes den Anschein erweckt, kritisch Stellung zu beziehen. Doch gerade an diesem Punkt versagt Salvador kläglich, da er diesem Anspruch nicht im geringsten gerecht wird, sondern ganz im Gegenteil, den Zuschauer auch noch gehörig für dumm verkauft, indem er sowohl im Vor- als auch im Abspann unkommentierte Archivbilder des Vietnamkrieges, aus der Nazizeit und von terroristischen Attentaten wie 9/11 platziert - platter und nichtssagender ist eigentlich nur der polemische Rundumschlag am sonntäglichen Stammtisch. Doch das war noch längst nicht alles - ab der Hälfte der Laufzeit etwa, als man sich actionmässig halbwegs ausgetobt hat und den Beteiligten langsam klar geworden ist, dass aus dem anarchistischen Spass langsam aber sicher blutiger Ernst wird, und sich Salvador tatsächlich der Todesstrafe gegenübersieht, schlägt der Film plötzlich in ein verkitschtes Todeszellendrama um, welches sage und schreibe die komplette zweite Stunde des Filmes darauf verschwendet nach allen Regeln der Kunst auf die Tränendrüse zu drücken, eine hollywoodtypische Dramaturgie abzuleiern, um schliesslich in den Niederungen des manipulativen und einfachst gestrickten Betroffenheitskinos a la L.A. Crash auszuufern. Dieser jähe Bruch in der Erzählung wird eingeleitet von einer weiteren, unvorstellbar klischeehaften Farce, als nämlich der sinistre Gefängnisaufseher eines Tages einen Brief von Salvador in die Hände bekommt der an seinen Vater gerichtet ist, diesen liest, er dabei den Tränen nahe ist und plötzlich auf dessen Seite steht, wo er ihn kurz zuvor noch abgrundtief dafür gehasst hat einen seiner Kollegen erschossen zu haben. Das Unerträgliche spitzt sich dann immer weiter zu, je näher der Exekutionstermin rückt, und natürlich setzen Freunde und Familie alle Hebel in Bewegung, telefonieren mit Willy Brand und dem Papst, doch trotz aller aufgebeauschter Dramatik weiss man eh schon längst - die Begnadigung wird nicht mehr stattfinden, genausowenig wie die jüngste Schwester, die bei der Vollstreckung zuhause bleiben musste, mit dramtischen Bildern unterlegt in Richtung Gefängnis hetzt und natürlich auch zu spät kommt, und das Ziel nur noch die blinde Sympathisierung mit dem Opfer und dessen Familie zu sein scheint. Die Exekution selbst wird dann auch bis zum allerletzten Atemzug (er wird mit Hilfe eines Gewindes getötet, welches einen Eisenring um seinen Hals schnürt) ausgekostet, indem sich die Kamera unzählige male um die makabere Kulisse windet, eine gefühlte Ewigkeit lang, bis endlich mal Schicht im Schacht ist, und der Märtyrer seinen Tod sterben kann. Nicht aber, ohne nochmals ein allerletztes Statement bezüglich seines Kampfeswillens und Durchhaltevermögens gemacht zu haben, da er selbst Minuten später, obwohl er schon längst leblos auf dem Stuhl kauert, immer noch atmet.
Dass er das ewige Querulantentum von Salvador auch noch mit einer Referenz an Truffauts “Sie küssten und sie schlugen ihn” untermauert ist schliesslich der Gipfel der Verfehlungen eines Regisseurs, der so ziemlich alles falsch gemacht hat was man bei so einem zeitgeschichtlichen Abriss nur falsch machen kann - es in belangloses Gefühlsduselkino zu verpacken, und die Frechheit zu besitzen damit erstgenommen werden zu wollen, indem die vermeintliche Wichtigkeit des Werkes auch noch völlig unverfroren vorgetäuscht wird.
Am 24. April 2007 um 21:02 Uhr
Yeah, well done E. Filmschlachten rockt, der muss ja mal oberscheiße gewesen sein. Danke fürs warnen…
Am 25. April 2007 um 13:28 Uhr
…und sowas als erster Kinobesuch des Jahres…
Am 27. April 2007 um 20:47 Uhr
Ich war in Alpha Dog im Kino……. noch Fragen hrrhrrr