Filme 2006

Die ersten beiden Highlights des Jahres zeichneten sich bereits im Februar ab, kurz vor der Oscarverleihung, bei denen meine Favoriten Walk the Line und Brokeback Mountain dann aber leider gegen den unsaeglichen L.A. Crash den Kuerzeren ziehen mussten. Mein erster Kinofilm des Jahres war jedoch Woody Allen’s Match Point, der seinen guten Eindruck bis zuletzt behaupten konnte und auch meine These unterstreicht, dass mir seine Filme einfach besser gefallen wenn er selbst nur hinter der Kamera zu finden ist (fuer seinen neusten, Scoop, habe ich leider noch keine Zeit gefunden). Zwei tolle Filme, die zwar schon letztes Jahr rausgekommen sind, die ich aber erst 2006 gesehen habe, sollten ausserdem nicht fehlen: Thomas Vinterbergs kritische Waffenfabel Dear Wendy und Tony Scotts optisch ueberdrehter Domino. Nach dem Oscar-Brimborium war es dann etwas ruhiger, bis ich mich wagemutig an zwei deutsche Filme rantraute die nach der Berlinale ploetzlich in vieler Munde waren: Das Leben der Anderen und Requiem. Waehrend ersterer die Ostalgie etwas ernsthafter aufzugreifen versucht, sich aber dennoch in vornehmer Zurueckhaltung gegenueber seinem Publikum praesentiert, ist zweiterer doch tatsaechlich ein kleines Highlight des Jahres fuer mich, und seit einer gefuehlten Ewigkeit mal wieder ein deutscher Film bei dem sowohl Form als als auch Inhalt stimmt, leider eine Seltenheit hierzulande und gerade deshalb eine lobene Erwaehnung wert. Mit Jahrhead und Good Night and Good Luck gab es dann weitere, passable Filme vor der Sommerpause, waehrend mich Lord of War etwas unbefriedigt, und Malicks langerwarteter New World etwas unschluessig zurueckliessen. Kurz vor dem Sommerloch stand ein obgliatorischer Besuch beim Fantasyfilmfest in Stuttgart auf dem Programm, wo ich jedoch nur drei Filme sehen konnte, davon zwei neue, Adams Apples aus Daenemark und The Method aus Spanien, die sich beide als hoechst vergnueglich und als Geheimtipps herausstellen sollten, bevor dann die kleine Enttaeuschung ueber den zweiten Teil der Fluch der Karibik hereinbrach, der durch seine unkohaerente und zerstueckelte Erzaehlweise nicht direkt an seinen Vorgaenger anknuepfen konnte, und mit seinem Status als Bindeglied zwischen Teil 1 und 3 zu kaempfen hatte. Die Ueberraschung des Jahres duerfte neben Requiem aber auch Borat zugute kommen, fuer den wir Vorpremierenkarten gewonnen hatten, aber, da uns die Figur bisher eher fremd war, wir von dessen satirischer Wucht voll getroffen wurden. Im prominenten Horrorbereich gab es dagegen nur wenig erfreuliches - Slither und Silent Hill stellten sich als relativ einfaeltige Genrekost heraus, Hostel und das Remake von The Hills Have Eyes waren auch nicht mehr als uninspirierte Trendsetter, lediglich Australien konnte mit Wolf Creek einige Akzente setzen, und Arm in Arm mit dem heimtueckischen Satans Playground beweisen dass Horror ohne grossflaechig angelegte Vermarktung einfach besser funktioniert. Aus Asien enttaeuschte Park Chan-wook mit dem schwaechsten Teil seiner Vengeance-Trilogie, Sympathy for Lady Vengeance, dafuer hatte ich Spass mit dem fantasylastigen Shinobi und dem knueppelharten Tom Yum Goong, waehrend mich Jet Li’s Fearless eher kalt gelassen hat. Ich habe dieses Jahr aber auch sehr wenig neue asiatische Filme geschaut, obwohl Johnny To mit Election 2 und Exiled sicherlich zwei ganz heisse Eisen geschmiedet hat die ich hoffentlich bald mal in die Finger bekommen werde. Und waehrend Deutschlands nuechtern gefilmtes Sommermaerchen nochmal kurz die WM-Stimmung aufkochen liess, laeutete der neuen James Bond, der aber auch laengst nicht alles einloeste was er versprach, das Finale ein. Die bedrueckende Aufarbeitung der Katastrophe von Flug 93 hinterliss ebenso wie der kuehle minimalistische Stil von Miami Vice bleibende Eindruecke. Verpasst habe ich natuerlich auch wieder einiges, u.a. Children of Men, The Departed, Tideland und Cache, um nur mal ein paar der wichtigsten zu nennen.

Nun, wie auch schon letztes Jahr, zu all den Filmen die nicht in das Kinojahr 2006 gefallen sind: den Film Noir habe ich leider nicht mehr so weiterverfolgt wie ich es eigentlich wollte, es sind also immer noch sehr sehr viele Baustellen offen, dafuer habe ich mich etwas staerker in Richtung italienisches Genrekino der 60er und 70er gelehnt, was mir u.a. eine neuentdeckte Freude am Giallo bescherte. Der Kontakt zu Mike Siegel hat mir Peckinpah naeher gebracht, und den Fokus vor allem auf seine mir noch unbekannten Western gelenkt. Freude hatte ich vor allem auch an der kleinen Johnny Depp Retro die Tina in die Wege geleitet hatte, und an Ley Lines von Miike, dessen andere fruehen Yakuzafilme ich jetzt unbedingt mal nachholen muss. Die letzten fuenf Filme, die ich hier nennen moechte, ragten schliesslich besonders heraus: der vielschichtige Jeder fuer sich und Gott gegen alle von Werner Herzog, der terrorisierende Calvaire von Fabrice Du Welz, der tragische Devils on the Doorstep von Wen Jiang, der skurrile The Life Aquatic von Wes Anderson und der liebenswerte Pierrot le fou von Jean-Luc Godard.

Ein Ausblick faellt mir dieses Jahr unheimlich schwer, daher werde ich auch keinen lostreten, sondern an dieser Stelle einfach Schluss machen und auf ein ergiebiges Filmjahr 2007 hoffen.

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