Blut, Ekel, Ohnmacht
Manch einer fragt sich derzeit bestimmt (nicht zu unrecht), woher dieser Trend zu aussergewoehnlich blutigen und grausamen Filmen kommen mag welche die Kinos allerorten bevoelkern.
Einerseits hat es sicherlich damit zu tun, dass wir in diesen Tagen durchaus ein gesteigertes Beduerfnis verspueren die medial omnipraesenten Folterskandale, Massenmoerder, Schulmassaker und weltweiten Terror besser verstehen bzw. verarbeiten zu koennen, indem wir uns eben mitunter auch in die filmischen Fantasiewelten fluechten um eine gewisse Abgrenzung zu den Medien wie TV und Print zu schaffen, deren Aufgabe es ja zumindest im Nachrichtensektor ist die ungeschoente Realitaet abzubilden.
Auf der anderen Seite muss man aber auch ganz klar sagen dass Film, vermutlich mehr denn je, ein Konsumprodukt, eine Kommerzmaschine, und wohl weiterhin der groesste Exportschlager der USA ist, und dass derzeit nicht von ungefaehr Filme in der Bauart von Saw, der den Stein juengst wieder ins Rollen gebracht hat, die hiesigen Kinos ueberschwemmen. Die Komoedien haben es ja lange Zeit vorgemacht - billig produzierte Filme fuer den Massenmarkt, nach vordefinierten Regeln zusammengeschustert, sind seit jeher eine der sichersten und stabilsten Investitionsquellen im Filmgeschaeft. Da gibt es kaum ein Film der nicht seine relativ geringen Kosten wieder einspielt, diese aber meist sogar um ein vielfaches uebertrifft, oft unabhaengig von der eigentlichen Qualitaet des Endprodukts. Da fragt man sich natuerlich, wieso es ausgerechnet Filmen die doch auf eine kleinere Gruppe zielen, naemlich die der ueber 17 Jaehrigen, gelingen sollte nach ganz aehnlichen Regeln wirtschaften koennen wie die Komoedien, die ja die konsumstarke Zielgruppe der 12-18 Jaehrigen noch mit an Bord haben? Ganz einfach - es funktioniert trotzdem. Auch Horror- und Terrorfilme werden kostenguenstig produziert, da sie in den meisten Faellen mit einem ueberschaubaren Ensemble, und im Gegensatz zu den Komoedien fast immer ohne namenhafte und natuerlich entsprechend kostspielige Starpower auskommen, ausserdem weitgehend auf teure Special Effects und logistische Mammutaktionen verzichten und somit auch nicht so schnell aus dem finanzierbaren Rahmen fallen. Nehmen wir nochmal Saw als Beispiel heran. Unbekannter Regisseur und Darsteller, Produktionskosten von laecherlichen 1.2 Millionen Dollar, bei einem Einspielergebnis von weltweit 102 Millionen Dollar. Oder Saw 2 - namenloser Regisseur, weitgehend namenlose Darsteller, Produktionskosten von 4 Millionen Dollar, bei einem Einspielergebnis von weltweit ueber 144 Millionen Dollar. Wundert es da wirklich noch jemanden, dass nun auch schon der dritte Teil in den Startloechern steht? Bestimmt nicht, denn das war beinahe so sicher wie das Amen in der Kirche. Oder dass nun auch schon wieder ein Teil der Final Destination Serie aufgewaermt wurde? Dass von Hostel (Produktionskosten: 4.8 Millionen Dollar, Einspielergebnis: 72 Millionen Dollar) bereits die Fortsetzung angekuendigt wurde? Dass im selben Atemzug die Wiederauflegung altbewaehrter Konzepte natuerlich ein gefundendes Fressen darstellt da man sich so die Kosten fuer ein neues Drehbuch sparen kann? Beste Beispiele dafuer sind die Remakes von Texas Chainsaw Massacre (Produktionskosten: 9.5 Millionen Dollar, Einspielergebnis: 107 Millionen Dollar), The Hills Have Eyes (Produktionskosten: 15 Millionen Dollar, Einspielergebnis: 53 Millionen Dollar) oder selbst der etwas aufwendigere Dawn of the Dead (Produktionskosten: 26 Millionen Dollar, Einspielergebnis: 102 Millionen Dollar). Das sind Budgets, mit denen Filme wie Harry Potter (150 Mio), Narnia (180 Mio) oder King Kong (207 Mio) nicht einmal ihre Werbekosten finanziert bekommen wuerden.
Vielleicht ist es also doch nur ein Trend der arg gebeutelten Filmindustrie zur Risikominimierung (denn wo kaum Geld drinsteckt, kann auch kaum etwas davon verlorengehen), und weniger die bewusste Verabeitung von Aengsten, Noeten und Schreckensvisionen, wie es auch damals nach dem Vietnamkrieg in der Filmwelt stattgefunden hat? Ich weiss es nicht. Aber da selbst schon in der Erfolgsserie Sopranos die fiktive Finanzierung eines Filmprojekts, dass sich zu gleichen Teilen aus Pate- und Saw-Elementen zusammensetzen soll, auf die Schippe genommen wird, tendiere ich doch lieber mal zu meiner ersten These. Aber man wird ja sehen was die Zeit uns bringt, denn der Konflikt im nahen Osten scheint sich ja gerade erst wieder aufzuheizen…
…und die Filmwelt haelt weiterhin gespannt den Atem an.