8.10.08 - Day of the Woman


Sympathy for Mrs. Vengeance?

Erbarmungsloses Rachedrama das irgendwo zwischen bissiger Exploitation und feministischem Manifest divergiert. Dass der seit jeher stark umstrittene Film aber in keine der beiden Ecken so richtig gut passen will ist sicherlich seine grösste Stärke: weder glorifiziert er Gewalt gegen Frauen (schon der Originaltitel, der weitaus weniger reisserisch ausfällt als der Titel der Wiederveröffentlichung, “I Spit on your Grave”, deutet bereits darauf hin dass es sich hier kaum um plumpe Ausbeutungsphantasien handelt), noch stilisiert er seine eiskalte Rächerin zu einer umjubelten Heldenfigur hoch. Stattdessen stösst er, eine scheuklappenfreie Betrachungsweise vorausgesetzt, mitunter einige interessante Diskurse über Gewalt, Macht/Ohnmacht der Frau etc. an - dass Frauen durch ihre blosse weibliche Erscheinung zu sexuell ausbeutbaren Objekten degradiert werden ist eine Thematik die heutzutage nicht weniger brisant ist, wenn nicht, angesichts unseres immer stärker sexualisierten Alltags (Internet, Werbebranche, TV…), gar um ein vielfaches potenziert.

Doch auch auf formaler Ebene hat Day of the Woman einige bemerkenswerte Aspekte aufzubieten: so spielen sich die brutalen Geschehnisse ausschliesslich in einer wunderschönen ländlichen Gegend ab (die in einigen überaus gelungenen Kamerainstellungen festgehalten wurde), deren blühende Flora und Fauna einen starken Kontrast zum dem Martyrium der involvierten Figuren bildet. Auch die völlige Abwesenheit einer musikalischen Untermalung, die das Geschehen womöglich leichter erträglich machen würde, ist auffällig, und trägt ganz wesentlich zur verstörenden Wirkung des Films bei. Zusammen mit der grossartigen darstellerischen Leistung von Camille Keaton und dem eher schwer vorauszubestimmenden Handlungsverlauf sind es doch so einige Punkte welche die Kritik, der Film wäre nur konzeptlos zusammengeschustert und ohne jedweden handwerklichen und inhaltlichen Anspruchs, grösstenteils entkräften kann. Day of the Woman verfügt zudem über einen doch recht diffizielen und wirkungsvollen Spannungsaufbau, der die Erwartungen des Zuschauers immer wieder perfide umschifft. So findet z.B. eine Waffe, die Anfangs noch ganz gezielt ins Bewusstsein des Zuschauers gerückt, dann aber lange Zeit komplett ausgeblendet wird, zwar später im Film ihre Verwendung, doch beileibe nicht so wie man es erwarten würde. Und auch die stets wiederkehrenden Peiniger, oder der Moment als der rettende Anruf zu gelingen scheint, die Hoffnung dann aber innerhalb weniger Sekunden jäh zerstört wird, oder auch ihre Entscheidung nicht zu flüchten, sondern abzuwarten und einen kühnen Plan zu schmieden, machen Day of the Woman zwar nicht per se zu einem komplexen tiefgründigen Werk, aber auch bestimmt nicht zu dem primitiv gestrickten Streifen den viele Kritiker in ihrer vorauseilenden Kleingeistigkeit nur allzugerne darin gesehen haben (allen voran Roger Ebert, der sich, hinsichtlich seiner Lobeshynme auf Wes Cravens Last House on the Left, der diesem Film inhaltlich wie stilistisch ja nicht gerade unähnlich ist, spätestens mit seiner vernichtenden Kritik an Day of the Woman komplett unglaubwürdig und lächerlich gemacht hat).

Der komische Nachgeschmack, das schmutzige, unsichere und unbequeme Gefühl das nach der Sichtung bleibt und mitunter auch für die überaus heftige Kritik sorgte, ist jedoch die konsequente Essenz auf die der Film einerseits recht zielstrebig, andererseits sicherlich aber auch sehr provokativ hinarbeitet: zurück bleiben die verstümmelten Leichen von vier Männern und eine zutiefst verstörte junge Frau. Gewalt ist hässlich, egal von wem sie ausgeübt wird.

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