Fantasy Filmfest 2008, Stuttgart

Ich war nur 1 Tag zu Besuch, dafür aber von früh bis spät :)
Fazit: 2 sehr gute Filme, 1 mal Mittelmass und 2 Totalausfälle

The Broken

Clever konstruierte und wohlfeil inszenierte Variante der hinlänglich bekannten ‘Invasion of the Body Snatchers’ Thematik. Ellis’ Film glänzt mit einem schleichenden Spannungsaufbau, ökonomisch eingesetzten Schockmomenten, ideenreicher Umsetzung, einer düsteren und unterkühlten Farbgebung, dem passgenauen Einsatz von Musik und einer fantastischen Hauptdarstellerin. Sein Verzicht auf ausufernde Erklärungen, langwierige Dialoge, und neumodischen Firlefanz erlauben ihm die gesamte Bandreite des subtilen Psycho-Horrors auszuschöpfen und sich voll auf die Darsteller und die Mise-en-scene/cadre zu konzentrieren. Lange Zeit führt Ellis den Zuschauer und seine Protagonistin an der Nase herum, spekuliert, deutet vage an, vertuscht, wiederholt und irritiert, doch selbst als man irgendwann Eins und Eins zusammengezählt hat verliert der Film keineswegs an Reiz, sondern bleibt spannend und unvorhersehbar bis zur allerletzten Sekunde. Mit Sicherheit einer der besten Horrorfilme der letzten Jahre, weil er (fast) alles richtig macht, und seine beklemmende Atmosphäre konsequent von Anfang bis Ende aufrecht erhält.

JCVD

Ich bin zwar immer noch ähnlich ratlos wie kurz nach der Sichtung, aber soviel kann ich inzwischen dazu sagen: Ich halte den Film, im Gegensatz zu den meisten Stimmen die ich bisher gehört habe, weder für besonders witzig noch für besonders clever, sondern eher etwas verkrampft auf andersartig getrimmt, was schon bei dem inflationären Einsatz des Farbfilters anfängt (der konzeptuell jedoch keinen erkennbaren “Mehrwert” zu bringen scheint), und bei der perspektivisch überlagerten Erzählweise endet, die dramaturgisch wohl auch eher mühsam zu verargumentieren ist (und einigen erzählerischen Leerlauf mit sich bringt). Doch neben all der Koketterie und der betonten Ambivalenz Van Damme’s (sein kruder Dialog mit dem Zuschauer fällt dabei auch eher störend ins Gewicht), hat JCVD sicherlich auch einige gewitzte und komische Momente wie bspw. das Intro oder die diversen Anspielungen auf John Woo zu bieten. Ansonsten wirkt das Ganze aber doch eher ziellos und überambitioniert.

Outlander

Unerträglich verkitschte Fantasy-Mär mit abgedroschener Herr Der Ringe Ästhetik, erschreckend hölzernen Darstellern, überaus schwülstigen Dialogen, aufdringlichem Retorten-Soundtrack und nervtötenden Computereffekten. Gefühlte 3 Stunden lang werden klischeehafte, meilenweit vorhersehbare Minimalplots und Subplots ermüdend plattgewälzt und verwurstet, ohne dass auch nur im Ansatz so etwas wie eigenständige Ideen aufblitzen würden. Stattdessen gibt es nicht einmal besonders detailiert ausgestattete Kulissen und Kostüme, sondern eine ziemlich lieblose ‘Wikinger’-Optik die man in jedem anderen Fantasy- oder Schlachten-Epos schon um ein Vielfaches besser gesehen hat. Schon nach kurzer Zeit nutzt sich die gesamte Fantasy-SciFi-Crossover Thematik derart ab, dass es eine einzige Qual ist dem belanglos heruntergespulten Rest noch bis zum bitteren Ende folgen zu müssen. Dies lässt nämlich ganz schön lange auf sich warten, und gipfelt, wie kaum anderes zu erwarten, in überbordendem Kitsch. Kaum verwunderlich dass der Film, mit Umweg über einige wenige Festivals, direkt auf DVD erscheinen soll - selten hat mich ein Film in dieser, sicherlich weniger anspruchsvollen aber manchmal durchaus reizvollen Filmgattung, auf allen Ebenen derart unterfordert, genervt und dauergelangweilt. Krawallorientierter, sich endlos wiederholender, uninspirierter und seelenlos zusammenmontierter Edeltrash aus der Konserve - der Bay/Bruckheimer des fantastischen Films scheint gefunden.

Let The Right One In

Sehr feinfühles, behutsam inszeniertes schwedisches Liebesdrama im Gewand eines ziemlich aussergewöhnlichen Vampirfilms. Let The Right One In ist eher minimialistisch und schmucklos inszeniert (er spielt sich an einer überschau- baren Anzahl von Schauplätzen ab, und verzichtet auf ausstattungstechnische Schnörkel), doch bringt er eine beachtliche Menge an Themen in der Zeit unter: vernachlässigte elterliche Erziehung, Grausamkeit unter Kindern, langsam aufkeimende Sexualität, Liebe und Vampirismus, dessen Regeln hier allesamt gekonnt aufgegriffen und nahtlos in die Geschichte verwoben werden. Ohne sich auf plakative Horroreffekte zu verlassen gelingt Regisseur Tomas Alfredson eine reizvolle Mixtur aus typisch skandinvanischem trocken-schwarzem Humor, Weltschmerz und Melancholie in ein groteskes Horrormärchen mit leicht homoerotischem Subtext zu verabeiten, und ganz nebenei auch noch das Vampirfilmgenre auf den Kopf zu stellen. Schnell ist man von der stoischen Atmosphäre der anoymen, trostlosen und zugeschneiten Wohnsiedlung in der Nähe von Stockholm, in der sich das tragisch-komische Geschichte um zweier ungleicher Kinder abspielt die dort langsam aber sicher zueinander finden, gefangen. Die eher gemächliche Erzählweise, die langen Kameraeinstellungen, die geduldig abgespulten Bildkompositionen und die dezenten, aber wirkungsvoll platzierten Musikstücke kreieren die einerseits entrückte, aber doch irgendwie beinahe vollständig in der Realität verankerte, faszinierende Atmosphäre. Die zwei herausragenden Jungdarsteller tun ihr übrigens dazu - selten haben Kinder einen Film so unaufdringlich dominiert und souverän von Anfang bis Ende bestimmt wie hier: mit ihnen erarbeitet sich der Film einen feinen Kontrast zwischen der kindlich naiven Fantasiewelt und Weltsicht, und der rationalen Welt der Erwachsenen (ein Thema das auch schon Pan’s Labyrinth aufgegriffen hatte). Ganz selten trägt Alfredson eine Schippe zuviel des Guten auf (die abgebissenen Gliedmassen im Schwimmbad, oder die Szene mit den Katzen), doch das sind Kleinigkeiten die der tollen Stimmung keinen Abbruch tun. Let The Right One In ist ein feinsinniger, tiefgründiger und wunderschön erzählter Film, der weniger wegen seiner Schockwerte, sondern vor allem wegen seiner durch und durch ungewöhnlichen Liebesgeschichte begeistert. Ein kleines Juwel des jungen skandinavischen Kinos.

36 Steps

No Budget Produktion aus Südamerika. Purer Trash, der seinen sicherlich vorhandenen amateurhaften Charme unter einer schrecklichen Geräuschkulisse erstickt und sich wohl nur unter Zuhilfe von bewusstseinserweiternden Drogen halbwegs ertragen lässt. Die spinnen, die Argentinier!

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