24.5.08 - Le Trou

Minimalismus und Originalitiät sind in Jaques Beckers Gefängnisdrama Le Trou in kühler Präzision vereint. Hochspannend erzählt er vom Ausbruch einer Häftlingsbande, die sich in mühevoller Kleinarbeit einen Fluchtweg durchs massive Gemäuer hämmert. Eben diese Geräusche machen auch den grössten akustischen Anteil des Filmes aus - Becker verzichtet nämlich vollständig auf eine begleitende musikalische Untermalung, sondern baut seine Spannung ausschliesslich durch die Geräuschkulisse auf, deren Bandbreite vom zaghaftem Flüstern bis hin zu ohrenbetäubendem Lärm reicht. Zuvor kreiert er eine dafür ausreichend paranoide Stimmung, so dass einem auch als Zuschauer stets das Gefühl beschleicht dass jeden Moment eine Gefängniswache für eine scheinbar willkürliche Zellenkontrolle vorbeikommen könne, und der ausgeklügelte Plan jederzeit in akuter Gefahr ist wenn sich die Häftlinge auch nur einen winzigen Fehler erlauben. Mit voller Absicht inszeniert Becker diese Szenen beinahe in Echtzeit, um den enormen Kraftaufwand eines solchen Akts zu verdeutlichen, und die Spannung auf ein fast unerträgliches Mass hochzuschrauben. Akribisch, und völlig frei von überflüssigen Klischees wie sadistischen Wärtern oder alltäglicher Gewalt unter den Insassen, zeichnet er den perfiden Plan der Bande nach, und reiht ein Detail nach dem Anderen um Glaubwürdigkeit herzustellen. Neben all dieser formalen Perfektion gelingt es Becker aber auch auf inhaltlicher Ebene die richtigen Akzente zu setzen, und die Stimmung zwischen den Insassen in den Ausbruchplan mit einfliessen zu lassen. Das geht soweit dass er den Zuschauer lange Zeit an der Nase herumführt, ihn in seinem Glauben an das Gute und an echte Männerfreundschaften sogar unterminiert, was auf dem Höhepunkt des Films für einen Schreckensmoment sorgt der in der Filmgeschichte sicherlich seinesgleichen sucht. Überflüssige Nebenhandlungen oder unnötige Erklärungen keimen hier erst gar nicht auf - dass sich Becker ausschliesslich auf diesen einen Ausbruch konzentriert gereicht ihm nur zum Vorteil. Selten war ein Film so auf die Sache fokussiert und hat daraus soviel Potential generiert und für sich genutzt. Effezient und ökonomisch dekliniert Becker die Klaviatur bildlicher und tonaler Spannung durch, und erreicht dadurch schlichtweg Genialität mit Simplizität.

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