9.4.07 - Ivan’s Childhood
Schon nach wenigen Minuten wird man aus einer trügerischen Naturidylle in die harte Kriegsrealität gezerrt, als der 12 jährige Ivan alias Kolya jäh aus seinem Tagtraum gerissen wird, in dem er sich an die schöne Zeit mit seiner Mutter erinnert, und er sie beim Spielen im Wald auf das Geräusch eines Kuckucks aufmerksam macht, welches sich plötzlich in den ohrenbetäubenden Lärm von Maschienengewehren verwandelt. Geräusche dieser Art sind fester Bestandteil dieser ungewöhnlichen Kriegsinszenierung, die ganz ohne Schlachtengetümmel auskommt, und in welcher der Feind fast nie zu sehen, sondern meist nur zu hören ist. Tarkovksy wählt ausserdem den Weg über trostlose Bilder einer von Bomben zerklüfteten russischen Einöde, um seine persönliche Schreckensvision des Krieges darzustellen, die er mit bedrohlich langsamen Kamerafahrten über düstere Sumpflandschaften, die nur ab und an von befremdlich wirkenden Leuchtraketen erhellt werden, einfängt. Sein Verzicht auf die graphische Darstellung von Kriegshandlungen ermöglicht es ihm viele nachdenkliche und tiefgründige Momente einzufangen - desillusionierte Opfer, ausgebrannte Kriegswerkzeug, und auch die nervösen Soldaten in ihrer Zuflucht, für die Kolya als Spion hinter den deutschen Linien fungiert, und die den Waisen in ihre Obhut aufgenommen haben. Dessen Gemütszustände reichen von verletzlicher Kindlichkeit bis hin zu frühreifem Erwachsenengehabe, von träumerischem Schwelgen bis hin zu jugendlicher Rebellion, und Hassgefühlen gegenüber jenen die seine Familie auf dem Gewissen haben. Dargestellt werden seine gedanklichen Abschweifungen mittels Rückblenden oder traumartigen, surrealen Zwischensequenzen, die dem eh schon apokalyptisch anmutenden Film einen weiteren, verstörenden Charakter aufsetzen, und dessen Erzählstruktur ein ums andere mal aufbrechen. Auch wirkt die Dramaturgie stets etwas holprig, da die Erzählung immer wieder von Kolya abschweift um andere Situationen, die sich am Rande des Geschehnes abspielen, zu beobachten. Erschreckend banal ist schliesslich das Ende, das durch einen gewaltigen Zeitsprung zwar abrupt, aber eben auch logisch und konsequent ist, und einen wesentlichen Teil dazu beiträgt, dass man den Film so schnell nicht vergessen wird.