Blickpunkt: Asien

Bei inzwischen weit ueber 100 gesichteten Filmen aus Asien habe ich grosse Lust verspuert mal ein wenig ueber das neue asiatische Kino zu resuemieren, welches ja zumindest bei uns derzeit einen enormen Boom erfaehrt, denn wenn selbst schon die oeffentlichen rechtlichen Fernsehanstalten eine Asia-Reihe auf die Beine stellen, dann wird es doch mal hoechste Zeit zu ergruenden was sich dort eigentlich gerade abspielt. Dass dabei nur ein Kratzen an der Oberflaeche stattfindet, dessen bin ich mir bewusst, aber ich habe dennoch versucht jeweils anhand von 5 Beispielen ein mehr oder weniger typisches Bild der aktuellen Filmlandschaft des jeweiligen Landes zu zeichnen.

Japan, ein traditionelles Filmland dass vor allem durch die Verdienste von Akira Kurosawa zu internationalem Ruhm und Anerkennung gefunden hat. Die humanistischen Botschaften seiner Werke spiegeln sich heute unter anderem in ‘modernen’ Samurai-Filmen wie z.B. The Twilight Samurai, deren Adaptionen in das Gangster-Genre wie Hana-bi von Takeshi Kitano, oder auch in frechen, leichtfuessigen Variationen ala Samurai Fiction wieder. Einen neuen Ansatz verfolgen hindes junge Filmemacher wie Takashi Miike und Takashi Ishii, die sich eines positiven Fazits oft bewusst verwehren und zum genauen Gegenteil tendieren, sich regelrecht davon distanzieren. Dabei wird zwar gerne mal vergangenes zitiert und neu interpretiert, wie Miikes Remake des Fukasaku Klassikers Graveyard of Honor, aber stets auch innovativ nach vorne geschaut und Neuland ausgelotet wie in Freeze Me von Ishii.

Das Hong Kong Kino hat in seiner Vergangenheit schon so manche Kriese durchlaufen, sich danach aber immer wieder aufgerappelt um neue Kraft zu schoepfen. Nicht gerade beruehmt fuer grosse, weit ausholende Geschichten, dafuer aber mit viel Herzblut an der Sache, sind es vor allem die Erben von John Woo die fuer Furore sorgen, weniger jedoch mit abstrakten Gewalt-Opern, sondern vielmehr mit realitaetsnahen Grosstadt-Krimis wie One Nite in Mongkok von Derek Yee, oder der vielfach geruehmte Infernal Affairs. Sie bleiben sich ihrer komoediantischen Wurzeln dennoch treu, wie in You Shoot, I Shoot von Ho Cheung Ping sehr schoen zu sehen ist. Neue Wege betreten dagegen Filmemacher wie Johnny To, die sich durch einen enormen Output nicht selten auch mal an weniger massentaugliche Projekte wie Running on Karma wagen, oder der bereits vorhin schon erwaehnte Derek Yee mit seinem feinfuehligen Drama Lost in Time.

Ein noch sehr junges Filmland, dass aber in den letzten Jahren durch eine beeindruckende Menge an qualitativ hochwertigen, und dank Gallionsfiguren wie Park Chan-wook und dessen Oldboy auch formal und inhaltlich wegweisenden Filmen besonders positiv aufgefallen ist. Suedkorea kann nicht etwa wie Japan oder Hong Kong auf eine vielfaeltige, landestypische Geschichte des Films zurueckblicken, stattdessen spuert man foermlich wie sie es sich selbst zum Masstab gemacht haben das Rad neu zu erfinden, woraus dann auch mal ein gnadenlos irrwitziger Genre-Mix wie Save the Green Planet! oder verspielt, romantische Komoedien wie My Sassy Girl entstehen koennen. Und dass sie ein besonderes Gespuer fuer menschliche Geschichten haben die auch mit ganz leisen Toenen Eindruck schinden koennen beweisen nicht zuletzt Filmemacher wie Kim Ki-duk mit seiner melancholischen Liebesgeschichte Bin-jip, oder Lee Chang-dong mit seinem tieftragischen Oasis.

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Vieles habe ich in dieser kurzen Uebersicht aufgrund mangelnder Kenntnisse bewusst weggelassen, z.B. der neue japanische Horrorfilm der inzwischen ja absurde Kreise zieht, oder ganz Bollywood mit ihrer gigantischen Filmindustrie, Thailand die immer schneller auf den internationalen Markt draengen, und natuerlich China die auch abseits von Hong Kong Filme machen.
Der Einfluss des neuen asiatischen Kinos auf die westliche Welt ist jedenfalls unverkennbar. My Sassy Girl, Oldboy, Infernal Affairs, A Tale of Two Sisters, The Ring… die Liste geplanter oder bereits verwirklichter Hollywood-Remakes scheint endlos. Das ist zwar einerseits eine sehr bedauerliche Entwicklung, da kaum mehr neue Ideen gefoerdert werden, andererseits unterstreicht es die Qualitaeten Asiens als ernstzunehmenden Filmmarkt umso mehr.

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